Weiterbildungsberatung

Die folgenden Abschnitte richten sich an Berufsberater und Berufsberaterinnen. Erfahren Sie hier, wie Sie Menschen mit Sehbeeinträchtigungen bei der Wahl eines passenden Weiterbildungsangebots unterstützen können.

Weiterbildungsberatung allgemein

Aufgabe der Weiterbildungsberatung im engeren Sinne ist es, ratsuchende Personen, Unternehmen und Institutionen zur Wahl eines passenden Weiterbildungsangebots zu beraten und zu unterstützen. Unabhängige Weiterbildungsberatungsstellen finden sich in vielen Bundesländern, Regionen und bei Kommunen. Dazu sind auch Verbände, Kammerorganisationen und Bildungsanbieter beratend aktiv.

Weiterbildungsberatung für blinde und sehbehinderte Beschäftigte bieten jedoch nur wenige Organisationen und Institutionen an. Häufig ist sie an spezialisierte Einrichtungen, wie z.B. die Berufsförderungswerke, oder der Selbsthilfe, z.B. DVBS angebunden oder wird von den fördernden Institutionen wahrgenommen, z.B. Bundesagentur für Arbeit u.a.

Alle Beratungseinrichtungen müssen hinsichtlich der Erfordernisse von blinden oder sehbehinderten Ratsuchenden folgende besondere Aspekte berücksichtigen:

  • Das Beratungspersonal braucht, jenseits der allgemeinen Beratungsstandards, zudem besondere Kompetenzen im Hinblick auf den Umgang und die Kommunikation mit dieser Zielgruppe.
  • Erfordert Grundkennnisse über die häufigsten Augenerkrankungen
  • Die Beratung muss umfassend barrierefrei durchgeführt werden, sei es örtlich, telefonisch oder in Online-form.
  • Alle Unterlagen müssen in einer barrierefreien Form vorliegen und zugänglich sein.

Die Weiterbildungsberatung von agnes@work und des DVBS richtet sich an blinde und sehbehinderte Beschäftigte und Arbeitslose, sensibilisiert für und informiert über Weiterbildungsmöglichkeiten und unterstützt andere Beratungsstellen im Hinblick auf die Bedarfe von Blinden und Sehbehinderten.

Verweispartner

  • Rechtsfragen:
    • Rechte behinderter Menschen
  • Berufsorientierung:
    • blista
  • Hilfsmittelausstattung:
    • Zuständiges Inklusionsamt
    • Agentur für Arbeit
    • Rentenversicherungsträger
  • Berufsberatung:
    • Agentur für Arbeit
  • Problem mit dem Hilfsmittel:
    • Anbieter
    • Lokaler Blinden- und Sehbehindertenverein
    • Fachgruppe IT im DVBS
  • Weiterbildung
    • Weiterbildungsberatungsstellen (lokal/regional)
    • Weiterbildungsdatenbanken
    • Bildungsanbieter
    • Weiterbildungsberatung der Agentur für Arbeit

Tipps zur Präsenz- und Onlineberatung

Bei der Online-Beratung mittels Video-Kommunikation wird die Beratung mithilfe des Internets gestaltet, unterstützt durch weitere technische Medien wie Mail, Chat, Foren oder Breakdown-Gruppen.

Genutzt werden sollten weitgehend barrierefreie Software-Lösungen wie Microsoft Teams oder ZOOM (vgl. Kapitel 4.3), die von den Ratsuchenden auch ohne eigene Programminstallation genutzt werden können. Mehr Informationen zur Barrierefreiheit von Tools zur Online-Kommunikation finden Sie bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit bei der Knappschaft Bahn-See. Sie hat einen Vergleich der Barrierefreiheit von Videokonferenz-Programmen erarbeitet.

In der Online-Beratung können weitere Informationen per Chat ausgetauscht werden, zum Beispiel Links zu Informationsquellen. Es können Dokumente hochgeladen und zeitgleich bearbeitet werden, Videos oder Podcasts eingespielt werden. Beratungsgespräche können mit expliziter Zustimmung aller Beteiligten aufgezeichnet werden. Ratsuchende können sie im Nachhinein noch mal anhören, um sicherzugehen, dass keine Informationen verloren gehen oder um weitere Beteiligte (zum Beispiel Familienmitglieder einzubeziehen. Online-Beratung ist besonders dann vorteilhaft, wenn die Beratung über eine größere räumliche Distanz erfolgt und deshalb nicht in Präsenzform stattfinden kann.

Bei der Gesprächsvereinbarung sollte geklärt werden, ob und wieweit die Ratsuchenden mit dem ausgewählten Online-Tool vertraut sind. Zudem sollte beim ersten Termin genügend Zeit eingeplant werden, um die benötigten Funktionen des Tools und ihre Bedienung am Bildschirm und mit Tastenkombinationen auszuprobieren.

Wenn die Bearbeitung von Texten oder Dokumenten während des Beratungsgespräches nötig ist, zum Beispiel Informationsmaterialien zu Weiterbildungsangeboten oder Formulare, sollten diese Dokumente unbedingt vorab barrierefrei zur Verfügung gestellt werden, damit die Ratsuchenden diese vorher mit ihren technischen Hilfsmitteln lesen oder hören können. Der Immersive Reader (Sprachausgabe in MS Teams for Education) sollte installiert sein.

Die Online-Beratung vereinigt die anderen Formen wie Telefonberatung, Chatberatung oder zeitversetzte E-Mail-Beratung. Sie haben ebenfalls ihre Berechtigung, wenn sie ergänzend eingesetzt werden oder wenn sich die Beratung auf einen Austausch von Fachinformationen konzentriert: Wo finde ich welche Informationen? Was kann ich tun, wenn …? An wen kann ich mich wenden, wenn…? In der beruflichen Entwicklungsberatung werden viele sehr persönliche Aspekte zur Sprache kommen, was eine persönliche Beziehung zwischen Ratsuchenden und Beratungsfachkraft erfordert. Diese lässt sich in der Präsenzberatung oder ersatzweise in der Online-Beratung per Videokommunikation leichter herstellen.

Mehr Informationen finden Sie in der Handreichung Weiterbildungsberatung

Weiterbildungsangebote und -anbieter

Menschen mit Seheinschränkungen brauchen räumlich und digital barrierefreie Weiterbildungsangebote. Mögliche Einschränkungen bezüglich einer Kursteilnahme sollten dabei immer im Vorfeld einer vertraglichen Vereinbarung und Kursteilnahme zwischen den Kund*innen mit Seheinschränkungen und den verantwortlichen Fachkräften und Dozent*innen beim Bildungsanbieter besprochen und ggf. individuell gelöst werden. Die Kursangebote sollten dabei vor allem folgende Anforderungen erfüllen:

  • Der Seminarort muss zugänglich sein
  • Alle Informationen zum Weiterbildungsangebot, zum Vertragsabschluss und zu den Prüfungen sowie Formulare sollten barrierefrei zugänglich sein, also mithilfe von Screenreadern und/oder Sprachausgabe lesbar, hörbar und ausfüllbar sein. Ist dies nicht der Fall, müssen im Einzelfall Sonderlösungen gefunden werden.
  • Die Inhalte der Weiterbildung sollten auch in Textform vorliegen und den Menschen mit Sehbeeinträchtigung vorher zugestellt werden. Denn diese brauchen mehr Zeit zum Lesen. Sie können sich schon vorher mit den Inhalten vertraut machen und sind während der Veranstaltung frei zur aktiven Teilnahme.
  • In PowerPoint-Präsentationen sollte berücksichtigt werden, dass sehbeeinträchtigte Menschen die Visualisierungen gar nicht oder nur schwer erkennen können. Deshalb sollten grafische Informationen im Dokument auch mit Textalternativen (zum Beispiel in Form von Alternativtexten) versehen und während der Veranstaltung verbalisiert werden.
  • Im Unterschied zu Sehenden, die parallel zum Gehörten auch visuelle Kanäle nutzen können, müssen sich Menschen mit Sehbeeinträchtigungen allein auf das Gehörte konzentrieren. Daher ist es hilfreich, Vorträgen eine klare Struktur zu geben (Kapitel, Unterkapitel), zu Beginn eine Themenübersicht vorzustellen und während des Vortrags immer wieder deutlich zu sagen, an welcher Stelle des Manuskripts man sich befindet und wann ein neues Thema begonnen
  • Für das Lesen von Texten und die Anfertigung von Notizen mithilfe von Assistenzsystemen benötigen Sehbeeinträchtigte häufig deutlich mehr Zeit. Durch die starke Vergrößerung wird zudem der Überblick über das Dokument erschwert. Deshalb ist es hilfreich, die Skripte bereits vor der Veranstaltung in digitaler Form zur Verfügung zu stellen, damit sie vorab am Computer gelesen oder mittels Sprachausgabe gehört werden können.

Aber es reicht nicht aus, wenn nur die Angebote barrierefrei sind. Auch die Beratung, die Kommunikation und der Bildungsanbieter selbst müssen diese Anforderung erfüllen. Dies kann z.B. bedeuten:

  • Klärung der optimalen Kommunikationswege zwischen den Kund*innen mit Seheinschränkung und dem Fachpersonal beim Bildungsanbieter; z.B. E-Mails, barrierefreier Schriftverkehr, Telefon- oder Online-Beratung
  • Barrierefreier und zugänglicher Unterricht durch seheingeschränkt-kompetente Dozent*innen mit entsprechend gut vor- und nachbereiteten Unterrichtsmaterial.
  • Alles Unterlagen zum Kurs, zur Prüfung und zu Verträgen und Abrechnungen sollten in barrierefreier Form zu Verfügung stehen
  • Die Hilfsmitteltechnik kann im IT-System und den Räumen des Bildungsanbieters benutzt und ggf. die persönliche Assistenz oder der Führhund können die Teilnehmenden mit Seheinschränkung begleiten.

Weitere Informationen:

Förderung von Weiterbildung

Eine berufliche Weiterbildung kann unter Umständen gefördert werden. Fördermöglichkeiten gibt es in Abhängigkeit von der Weiterbildung und dem zuständigen Kostenträger für die Kursgebühren, den Arbeitsausfall oder auch für Prüfungsgebühren u.a.m. Nicht immer ist einfach einen zuständigen Kostenträger zu finden und diesen zur Förderung zu bewegen.

Die wichtigsten rechtlichen Möglichkeiten sind:

Sie dienen dazu, die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Menschen mit drohenden Behinderungen zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen. Sie umfassen auch die berufliche Anpassung und Weiterbildung (§ 49 SGB IX). „Besondere Aufgabe der Teilhabe am Arbeitsleben ist es, die Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung der Leistungsberechtigten entsprechenden Beschäftigung sowie die Weiterentwicklung ihrer Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit zu fördern.“ (§ 90 Absatz 3 SGB IX)

Leistungen werden gewährt für Lehrgangskosten, Prüfungskosten, Lernmittel und, falls erforderlich, auch für auswärtige Unterbringung sowie für Aufwendungen, die wegen der Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen (vgl. § 127 SGB III). Zuständig ist der jeweilige Rehabilitationsträger.

Für Beschäftigte können Weiterbildungskosten anteilig gefördert werden, wenn sie „berufliche Tätigkeiten ausüben, die durch Technologien ersetzt werden können oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind, eine Anpassung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen zu ermöglichen, um den genannten Herausforderungen besser begegnen zu können. Gleiches gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben.“ (§ 81 Absatz 1 Satz 2 und 3 SGB III).

Beschäftigte und Arbeitslose mit Behinderungen können generell – nicht nur im Kontext von Strukturwandel – durch Weiterbildung gefördert werden. Die Förderung geschieht durch die anteilige oder vollständige Übernahme der Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Kosten für Lernmittel, Arbeitskleidung und Arbeitsgeräte. Weiterhin werden Fahrtkosten, Kinderbetreuungskosten und Kosten für die auswärtige Unterbringung übernommen. Arbeitgeber können Arbeitsentgeltzuschüsse für die Freistellung zur Teilnahme an der Weiterbildung beantragen.

Weitere Informationen bietet das Merkblatt 12 „Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“.

Das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) fördert die Vorbereitung auf mehr als 700 Fortbildungsabschlüsse wie Meister/in, Fachwirt/in, Techniker/in, Erzieher/in oder Betriebswirt/in. Gefördert werden können Fortbildungen auf den Stufen geprüfter Berufsspezialist/geprüfte Berufsspezialistin, Bachelor Professional und Master Professional mit öffentlich-rechtlichen Abschlüssen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder gleichwertiger Abschlüsse nach Bundes- oder Landesrecht. Für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren und Materialkosten gibt es jeweils zur Hälfte Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen. Beiträge zum Lebensunterhalt werden, einkommens- und vermögensabhängig, als Zuschüsse gewährt.

Mehr Informationen finden Sie bei:

  • Handreichung Weiterbildungsberatung
  • Wiki-Durchblick – Leistungen für Arbeitgeber
  • Wiki-Durchblick – Leistungen für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Hilfsmittelnutzung bei Weiterbildung

Verweis auf Beratungsstellen für Hilfsmittel

Rechtsfragen zur Weiterbildung

Rechtliche Fragen zur einer Weiterbildung betreffen meist die Fördermöglichkeiten oder vertragliche Bedingungen mit dem Bildungsanbieter. Wenden Sie sich am besten in solchen Fällen an die Beratungsstellen beim DVBS/agnes@work und die Rechtsberatung von rbm gemeinnützige GmbH, Rechte behinderter Menschen.

Beratungspersonal

Beratungsfachkräfte brauchen, neben einer guten Kenntnis des Weiterbildungsmarktes, der eigentlichen Beratungskompetenz und guter kommunikativer Fähigkeiten Wort und Schrift, vor allem auch praktische Handlungskompetenz im Umgang mit den Ratsuchenden mit Seheinschränkungen. Dies bedeutet ein Grundverständnis über die behinderungsbedingten Einschränkungen, sicheren persönlichen Umgang mit den Ratsuchenden und Kenntnisse über die Möglichkeiten von Bildungsanbietern barrierefreie Bildungsangebote zu realisieren. Sie müssen ihre Information so vermitteln können, dass sie von den Menschen mit Seheinschränkung wahrgenommen und in Handlung umgesetzt werden können. So müssen sie z.B. Orts- oder Lagebeschreibungen so verbalisieren oder in barrierefreier Version präsentieren, dass ein eigenständiges Aufsuchen eines Bildungsanbieters durch den Ratsuchenden möglich sein sollte. Handlungsleitend sollte dabei sein, wie auch bei der Beratung von nichtbehinderten Ratsuchenden, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und dabei die individuelle Entscheidung gemeinsam gut vorzubereiten.

Praktische Tipps für den inklusiven Umgang:

Suche nach Weiterbildungen

Für die Suche nach Weiterbildungen für blinde und sehbehinderte Ratsuchenden bieten sich vor allem im Internet zu Verfügung stehende Suchmaschinen und spezielle Datenbanken oder Verzeichnisse an. Dazu kommen noch die Angebote der spezialisierten Einrichtungen für diese Personengruppen, etwa die sonderpädagogischen Schulen, die Berufsbildungs- und die Berufsförderungswerke.

Bezüglich der Suche nach Weiterbildungsangeboten in Datenbanken empfiehlt sich als Einstieg die Plattform InfoWeb Weiterbildung (IWWB). Sie ermöglicht eine Meta-Suche nach Weiterbildungsangeboten in 79 Weiterbildungsdatenbanken. Nicht sehr häufig werden Sie dort jedoch direkt barrierefreie Angebote finden, eine Nachfrage bei dem jeweiligen Anbieter wird nicht zu vermeiden sein. Anders sieht es bei der Weiterbildungsdatenbank des DVBS aus: Hier finden Sie explizit barrierefreie Angebote. Aber das Angebot ist auch hier begrenzt.

Barrierefreiheit von Weiterbildungsangeboten und -materialien

Für die inklusive Teilnahme müssen die Kursangebote barrierefrei sowohl in baulich-räumlicher als auch in digitaler Hinsicht barrierefrei sein. In den Kursbeschreibungen von Weiterbildungsanbietern, etwa im Internet, finden sich in der Regel diesbezüglich keine Ausführungen. Daher müssen im Rahmen der Weiterbildungsberatung die entsprechenden Angaben durch die Ratsuchenden oder die Beratungsfachkraft eingeholt werden. Hilfreich ist hierbei die Checkliste für Weiterbildungsanbieter.

Für Bildungsanbieter, die Ihre Kurse und Lehr-/Lernmaterialien barrierefrei gestalten wollen, ist ein Blick in das Anforderungsprofil barrierefreie Weiterbildung. Hier wird gezeigt, welche Aspekte bei der Erstellung barrierefreier Angebot zu beachten sind.