Arbeitsassistenz

Wir geben hier einen kurzen Überblick über die Voraussetzungen und die Beantragung von Arbeitsassistenz. Ausführliche Informationen finden Sie in den angegebenen Links.

Voraussetzungen

Arbeitsassistenz ist eine bei der Arbeitsausführung, über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen. Sie kommt erst in Frage, wenn alle vorrangigen Leistungsmöglichkeiten des SGB IX (etwa in Bezug auf technische Hilfsmittel, Arbeitsorganisation oder Aufgabenzuschnitt) ausgeschöpft sind.

Anspruch auf Arbeitsassistenz haben schwerbehinderte oder gleichgestellte Personen, die mit ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten oder zumindest nennenswert dazu beitragen. Das bedeutet in der Praxis eine Tätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden mit einem Einkommen, das über der Grundsicherung liegt.

Die wesentliche berufliche Tätigkeit muss vom schwerbehinderten Menschen selbst ausgeführt werden. Die Arbeitsassistenz unterstützt dort, wo sehende Hilfe unabdingbar ist oder trotz aller technischen Hilfsmittel der Zeitauswand zu hoch wäre. In der Regel wird davon ausgegangen, dass der Assistenzbedarf der Hälfte der Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen entspricht.

Schließlich muss der Arbeitgeber mit der Unterstützung durch eine Arbeitsassistenz einverstanden sein.

Antragstellung

Die Mittel zur Finanzierung der Arbeitsassistenz kommen aus der Ausgleichsabgabe und werden von den Integrations- bzw. Inklusionsämtern vergeben. Beim Integrationsamt, in dessen Bereich der Arbeitsplatz liegt, ist der Antrag auf Arbeitsassistenz zu stellen.

Der Antrag sollte eine Beschreibung der Aufgaben enthalten, aus der sich der Assistenzbedarf in verschiedenen Bereichen ableitet. Außerdem muss eine Schätzung des zeitlichen Umfangs der benötigten Assistenz und ein Qualifikationsprofil der Arbeitsassistenz angegeben werden. Die Arbeitsplatzbeschreibung, die Beschreibung des Assistenzbedarfs und das Anforderungsprofil der Assistenzkraft werden dem formlosen Antrag an das Integrationsamt beigelegt.

Assistenzprofile

Beim Einsatz von Arbeitsassistenz für sehbeeinträchtigte Berufstätige geht es vor allem um die folgenden Assistenzleistungen.

  • Informationsassistenz: Grafiken erläutern, Texte vorlesen oder zugänglich machen, Zeitschriftenrecherchen usw.
  • Mobilitätsassistenz: Führen auf unbekannten Wegen, Reisebegleitung, Bedienen unzugänglicher Geräte oder Informationssysteme
  • Kommunikationsassistenz: Kontaktherstellung mit Personen in unterschiedlichen Umfeldern, vorbereitende oder nachträgliche Information über nur optisch wahrnehmbare Verhaltensweisen und Reaktionen von Kontaktpersonen
  • Organisationsassistenz: Unterstützung beim Umgang mit Dokumenten in Papierform, bei Unterschrift oder Dokumentenkennzeichnung, Ablage, Vorbereitung von Sitzungen

Assistenzmodelle

Arbeitsassistenz kann in verschiedenen Varianten finanziert und organisiert werden.

Wenn Sie als schwerbehinderte Person die Arbeitsassistenz selbst organisieren, kommen drei Modelle auf der Grundlage von §185 (5) SGB IX in Frage:

  • Abtretungsmodell
    Sie treten Ihr Budget an ihren Arbeitgeber ab und lassen sich von ihm Assistenz zur Verfügung stellen.
  • Einkaufsmodell
    Sie kaufen die Assistenzleistungen von einer Dienstleistungsgesellschaft ein.
  • Arbeitgebermodell
    Sie treten selbst als Arbeitgeber Ihrer Assistenzkräfte auf.

Im Falle von selbst organisierter Arbeitsassistenz ist die Beantragung Sache des schwerbehinderten Beschäftigten selbst.

Demgegenüber beruht die von Ihrem Arbeitgeber beauftragte Assistenz auf §185 (3) SGB IX. Hier stellt der Arbeitgeber den Antrag beim Integrationsamt und übernimmt dann auch gegenüber Ihrer Assistenz die Arbeitgeberpflichten sowie den ggf. nötigen Nachweis der zweckentsprechenden Mittelverwendung. Allerdings haben Sie hier nur bedingt Einfluss auf die Auswahl Ihrer Arbeitsassistenz und die Gestaltung der Assistenzbeziehung.

Weiterführende Informationen

  • Michael Richter und Michael Herbst haben in ihrer Zeit als Geschäftsführer des DVBS erhebliche Beratungserfahrungen in Fragen des “Assistenzmanagements” (PDF) gesammelt. In ihrem Beitrag beantworten sie die zehn am häufigsten gestellten Fragen, die in der Beratung immer wieder auftauchen.
  • Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH), ist die Dachorganisation der deutschen Integrationsämter. Die von der BIH erarbeiteten und weiterentwickelten Empfehlungen für Arbeitsassistenz (PDF) sind umfassend, aber durchaus lesbar formuliert. Es ist hilfreich, sie vor einer Antragstellung durchgeblättert zu haben. In Verhandlungen über Arbeitsassistenzleistungen mit einem Integrationsamt kann man sich im Zweifelsfall immer darauf berufen.
  • Das für Sie zuständige Integrationsamt können Sie über die Seite der BIH finden.

Ratschlag Gute Arbeitsassistenz

Seit Frühjahr 2021 führen DVBS e. V. und PRO RETINA Deutschland e. V. den “Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz” in Form von zweimonatlich stattfindenden Zoom-Konferenzen durch. Teilnehmen könne alle Interessierte: Blinde und sehbehinderte Beschäftigte, die bereits Arbeitsassistenz nutzen oder solche, die sich dafür interessieren. Aber auch Assistenzkräfte sind herzlich zur Teilnahme eingeladen. Der “Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz” ist kostenfrei. Die Teilnahme kann regelmäßig, aber auch nur punktuell erfolgen.

Die Einladung zum jeweils nächsten Ratschlag erfolgt rechtzeitig an den Verteiler derjenigen, die mindestens einmal Interesse an der Teilnahme angemeldet haben. Mit jeder Einladung werden Termin und Themen für das nächste Treffen genannt. Und es wird gebeten, Fragen und Hinweise zu nennen, die besprochen werden sollen.

Wenn auch Sie teilnehmen möchten, dann wenden Sie sich an die DVBS-Geschäftsstelle.

Kontakt

DVBS-Geschäftsstelle
Tel.: 06421 94888-0
E-Mail: info@dvbs-online.de

Selbstlernprogramm Arbeitsassistenz nutzen

DVBS e. V. und PRO RETINA Deutschland e. V.  haben ein Selbstlernprogramm zum Thema Arbeitsassistenz entwickelt, das zur kostenlos genutzt werden kann. Die E-Learning-Module bereiten vor auf den gesamten Prozess von der Antragstellung über die Entwicklung des Anforderungsprofils, die Stellenausschreibung und die Gestaltung des Arbeitsvertrags, bis hin zur eigenen Rolle im Arbeitsassistenzverhältnis.

Der Zugang zum E-Learning-Modul Arbeitsassistenz ist über die Geschäftsstellen von DVBS und PRO RETINA zu bekommen.

 

Kontakt

DVBS-Geschäftsstelle
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Tel.: 06421 94888-0
E-Mail: info@dvbs-online.de

PRO RETINA Deutschland e. V.
Kaiserstraße 1c
53113 Bonn
Tel.: 0228 227217- 0
E-Mail: info@pro-retina.de