Infobrief: Unterstützung für die erfolgreiche Interessenvertretung sehbeeinträchtigter Menschen

(Nr. 1/2022, Juli 2022)

Liebe Leserinnen und Leser, 

„Agiles Arbeiten“ und neue Arbeitsformen halten zunehmend Einzug in die moderne Arbeitswelt. Teams arbeiten flexibel, kreativ und proaktiv und reagieren zeitnah und „agil“ auf Kundenwünsche und Marktanforderungen. Damit soll Kund*innen und Nutzer*innen so schnell wie möglich der Prototyp eines gewünschten Produkts vorgestellt werden können. Neben Vorteilen birgt diese Arbeitsweise allerdings auch Risiken für Psyche und Körper. Außerdem stellt sie sehbeeinträchtigte Beschäftigte vor große Herausforderungen, da sie stark auf visuelle Darstellungen und Tools setzt, die vielfach nicht barrierefrei nutzbar sind.

Wie es dennoch gelingen kann, als Beschäftigte mit Seheinschränkung in einem agilen Team mitzuhalten, erläutern wir in dieser Ausgabe unseres Infobriefs Interessenvertretung mit dem Schwerpunkt „Agile Arbeit und neue Arbeitsformen“.

Sie haben die bisherigen Ausgaben des Infobriefs Interessenvertretung verpasst? In unserem Archiv können Sie sie nachlesen.

Bitte leiten Sie diesen Infobrief an Interessierte weiter. Vielen Dank!

Auf unserer Weiterbildungsplattform können Sie ihn abonnieren.

Inhaltsübersicht:

  1. Agilität, Digitalisierung und der Wandel von Arbeit
  2. Ein möglicher Beratungsfall
  3. Rat und Hilfe
  4. Tagungsdokumentation „Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt“
  5. Unterstützung am Arbeitsplatz
  6. Video “Berufliche Weiterbildung für Menschen mit Seheinschränkung”
  7. Quick Guide für barrierefreie PowerPoint-Folien
  8. Neue Ausschreibung: Entwicklung eines E-Learnings „Barrierefreie Weiterbildung“
  9. Neues Mentoringprogramm
  10. Linktipps

1. Agilität, Digitalisierung und der Wandel von Arbeit

Begriffe wie Digitalisierung und Agilität kennzeichnen zunehmend die moderne Arbeitswelt. Doch was verbirgt sich hinter Schlagworten wie „agile Teams“? Maurice Laßhof, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der TU Darmstadt, erläutert sie und ihre Auswirkungen auf Beschäftigte mit Seheinschränkung in seinem Fachartikel.

2. Ein möglicher Beratungsfall

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Herr Mustermann, stark sehbehindert, arbeitet als Softwareentwickler in einem Team mit sehenden Kolleginnen und Kollegen. Zur Effizienzsteigerung hat sein Arbeitgeber vor Kurzem die Kanban-Methode eingeführt, ein Managementwerkzeug zur präzisen Unterteilung von Arbeitsabläufen. Dieses beinhaltet jedoch ein hohes Maß an Visualisierung von Arbeitsprozessen in Form eines sogenannten Kanban-Boards. Das Board wird auf einem Flipchart oder einer Leinwand befestigt und ist damit nicht barrierefrei. Was tun?

Grundregel für die Beteiligung eines seheingeschränkten Beschäftigten wie Herrn Mustermann an visualisierten Abläufen ist Verbalisierung. Also die Übertragung optischer Darstellungen in Sprache – eine klassische Assistenztätigkeit. Voraussetzung: Herrn Mustermanns Arbeitsassistenz nimmt an seinen Teammeetings teil und ist in der verwendeten Software geschult. Dies setzt ein hohes Maß an Kompetenz und Flexibilität der Assistenzkraft voraus.

Ist Herr Mustermann sehbehindert, kann er bzw. seine Assistenzkraft bei einem Kanban-Board in Papierform auf einem Flipchart oder einer Leinwand Bilder mit seinem Smartphone oder einer elektronischen Lupe machen und sich diese während und nach der Besprechung anschauen.

Ein barrierefreier Zugang zu einem elektronischen Kanban-Board ist über Microsoft Teams möglich. Voraussetzung: Die App „Tasks von Planner und To Do“ ist verfügbar. Sie führt die Funktionen von Microsoft Planner und Outlook Aufgaben (Englisch „To Do“) zusammen und ermöglicht so den Zugriff auf alle Informationen mittels Bildschirmvergrößerungsprogramm oder Screenreader.

Alle Vorgehensweisen ermöglichen Herrn Mustermann zwar nicht denselben unmittelbaren Zugang zu Kanban wie ihn seine sehenden Kolleg*innen haben, aber er kann dennoch daran teilnehmen und bei der Zeiteinteilung im Vorfeld die Berücksichtigung seiner Seheinschränkung geltend machen.

3. Rat und Hilfe

Beratung bei Problemen am Arbeitsplatz bieten:

4. Tagungsdokumentation „Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt“

Wie wichtig das Thema Arbeitsassistenz ist, zeigte sich auch an der gutbesuchten Weiterbildungstagung „Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt“ des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und der PRO RETINA. Über 90 Interessierte nahmen im Herbst 2021 an der Veranstaltung teil.

Durch die Digitalisierung und nicht zuletzt die Pandemie haben agile Arbeitsformen, Homeoffice und Online-Assistenz an Bedeutung gewonnen. Dazu kommen komplexe IT-Anwendungen. Mit diesen Entwicklungen muss die Arbeitsassistenz Schritt halten, um als wesentliches Instrument für die Sicherung beruflicher Teilhabe seheingeschränkter Erwerbstätiger auch in Zukunft zu funktionieren.

Im horus spezial Band X veröffentlicht der DVBS die Dokumentation der Weiterbildungstagung „Moderne Arbeitsassistenz in der modernen Arbeitswelt“. Die Dokumentation enthält neben 15 Forderungen zur Verbesserung der Förderung von Arbeitsassistenz, die im Rahmen der Weiterbildungstagung erarbeitet wurden, vertiefende Informationen zum Thema. Tagungsinitiator Klaus Winger verfasste einen Beitrag zur historischen Entwicklung der Arbeitsassistenz und aktueller Aufgaben der Selbsthilfe. Darüber hinaus enthält die Dokumentation Links zu den Audiomitschnitten der Vorträge, zur Online-Veranstaltungsreihe „Ratschlag: Gute Arbeitsassistenz“ sowie zur E-Learning-Plattform „Arbeitsassistenz“ von DVBS und PRO RETINA.

horus spezial X ist als Printausgabe oder digital, wahlweise auf CD-ROM oder per Download-Link mit Hörfassung, beim DVBS (E-Mail: info@dvbs-online.de, Telefon: 06421 94888-0) erhältlich.

5. Unterstützung am Arbeitsplatz

Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Digitalisierung, Flexibilisierung und Agilität sind nur einige Stichworte. Beschäftigte mit Seheinschränkung sind davon besonders betroffen. Das Projekt agnes@work begegnet solchen Herausforderungen mit Kompetenzentwicklung, Empowerment und Team-Unterstützung am Arbeitsplatz. Daher suchen wir Betroffene, die mit diesen Herausforderungen konfrontiert sind und sich Unterstützung wünschen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite.

Einen Überblick über unsere Unterstützungsleistungen bietet unser Flyer “Fachkräfte sichern, Potenziale entwickeln“ im barrierefreien PDF-Format.

Ausführliche Hinweise finden Sie auf der agnes@work-Website im Bereich Angebote.

6. Video "Berufliche Weiterbildung für Menschen mit Seheinschränkung"

Titelbild Video "Berufliche Weiterbildung für Menschen mit Sehbeinträchtigung

Beschäftigte ohne Behinderung nehmen weitaus öfter berufliche Weiterbildungsangebote in Anspruch als Erwerbstätige mit einer Einschränkung. Dabei haben Letztere die gleichen Potenziale wie ihre nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen. Unser Video zur beruflichen Weiterbildung mit Seheinschränkung zeigt: Beide Seiten profitieren, wenn ein Arbeitgeber seinen blinden Mitarbeiter fördert.

Zum Video

7. Quick Guide für barrierefreie PowerPoint-Folien

Das Warten hat ein Ende! Nachdem Anfang Januar unser Quick Guide für Word-Dokumente den Auftakt zu unserer Quick Guide-Serie für barrierefreie Dokumente gemacht hat, gibt es mit unserem Quick Guide für PowerPoint-Folien nun eine Fortsetzung. Auch hier erläutern wir kurz und kompakt die wesentlichen Einstellungen und Anpassungen für die Erstellung eines barrierefreien PowerPoint-Dokuments und seiner Umwandlung in das PDF-Format.

Während der Projektlaufzeit bis Mai 2023 sind die Quick Guides nicht nur digital, sondern auch kostenfrei im Printformat erhältlich. Schreiben Sie einfach eine Mail an agnes@dvbs-online.de.           

8. Neue Ausschreibung: Entwicklung eines E-Learnings „Barrierefreie Weiterbildung“

agnes@work schreibt einen neuen Dienstleistungsauftrag aus: „Entwicklung eines E-Learnings zur Beratung barrierefreier Weiterbildung“. Angebotsfrist: 1. August 2022.

9. Neues Mentoringprogramm

agnes@work startet ein neues Mentoringprogramm. Aufbauend auf dem Mentoringpool des Vorgängerprojekts iBoB – inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren – bietet agnes@work ein neues Angebot für Mentorinnen, Mentoren und interessierte Mentees. Wer als Mentee teilnehmen möchte, meldet sich unter agnes@dvbs-online.de oder 06421 94888-33.

Mentoring ist der Wissens- und Erfahrungstransfer zwischen einer erfahreneren Person (Mentor*in) und einer unerfahrenen, oft jüngeren Person (Mentee) und hat sich seit vielen Jahren als Instrument der Personal- und Persönlichkeitsentwicklung bewährt, auch in der Selbsthilfe behinderter Menschen.

10. Linktipps