Infobrief: Unterstützung für die erfolgreiche Interessenvertretung sehbeeinträchtigter Menschen

(Nr. 2/2021, Januar 2022)

Liebe Leserinnen und Leser,

die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Digitalisierung, Flexibilisierung und Arbeit 4.0 erfordern von Beschäftigten ein hohes Maß an Anpassungs- und Lernbereitschaft. Sehbeeinträchtigte Menschen sind davon in besonderer Weise betroffen. Jede technische oder organisatorische Veränderung trifft sie mehr als ihre nichtbehinderten Kolleg*innen. Gleichzeitig sind berufliche Weiterbildungsangebote für sie immer noch rar. Entsprechend hoch ist das Risiko, den beruflichen Anschluss zu verlieren – und damit den Arbeitsplatz.

Aus diesem Grund finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Infobriefs Interessenvertretung nützliche Links zu Weiterbildungsinformationen für Menschen mit Seheinschränkung sowie Hinweise zu finanziellen Fördermöglichkeiten.

Das DVBS-Projekt agnes@work – Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige – bietet als Herausgeber dieses Infobriefs zahlreiche Weiterbildungsangebote für Berufstätige mit Seheinschränkung. Mehr unter https://weiterbildung.dvbs-online.de und www.agnes-at-work.de.

Sie haben die bisherigen Ausgaben des Infobriefs Interessenvertretung verpasst? In unserem Archiv können Sie sie nachlesen.

Bitte leiten Sie diesen Infobrief an Interessierte weiter. Vielen Dank!

Auf unserer Weiterbildungsplattform können Sie ihn abonnieren.

Gastbeitrag Erfahrungen schärfen - „Dialog im Dunkeln“ auch für Schwerbehindertenvertretungen

von Karl-Matthias Schäfer, Geschäftsführer Dialogmuseum Frankfurt am Main

Im September 2021 hat das Dialogmuseum mit der bekannten Ausstellung Dialog im Dunkeln nach dem Umzug an die Frankfurter Hauptwache wieder eröffnet.
Dialog im Dunkeln ist eine Sinneserfahrung, in der die Besucher*innen von blinden und sehbehinderten Guides durch völlig lichtlose Erlebnisräume geführt werden. Den normal sehenden Gästen wird so 80 % ihrer alltäglichen Wahrnehmungsfähigkeit vorübergehend genommen. Sie erleben, wie sich die anderen Sinne an die veränderte Situation anpassen und Aufgaben der Augen schnell übernehmen.

Auch wenn Dialog im Dunkeln ein Freizeiterlebnis ist, weckt der Besuch großes Interesse an der Situation behinderter Menschen. Nachdem die Besucher*innen einen Park, einen Stadtbummel und ein eingerichtetes Appartement in völliger Lichtlosigkeit erlebt haben, findet am Ende in der Dunkelbar der „Dialog im Dunkeln“ statt. Die Gäste reflektieren mit ihrem Guide das Erlebte und es gibt die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Die Dialogmuseum gGmbH ist ein Inklusionsbetrieb, in dem der Großteil der Beschäftigten eine Behinderung hat. Momentan arbeitet das Museum pandemiebedingt noch eingeschränkt. Später werden hier zirka 25 Mitarbeitende, mindestens 15 davon mit einer körperlichen oder Sinneseinschränkung, beschäftigt sein. Davon sind 12 Arbeitsplätze allein für blinde und sehbehinderte Mitarbeitende geplant.

Die Arbeitsplätze entsprechen dem ersten Arbeitsmarkt. Als Museumsführinnen und -führer können alle Berufsgruppen angelernt werden. Je nach Grundqualifikation ist eine Weiterbildung in den Bereichen Moderation und Trainer für pädagogische Workshops bzw. Businessworkshops möglich.

Das Dialogmuseum arbeitet mit den Trägern der beruflichen Rehabilitation sowie entsprechenden Weiterbildungsinstitutionen eng zusammen. Praktika und Probebeschäftigungen werden angeboten.

Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretungen und weitere Akteure im Themenfeld berufliche Inklusion können sich in thematisch angepassten Workshops umfassend über Inklusion von Menschen mit Behinderung informieren.

Dialog im Dunkeln gibt es derzeit in zirka 30 Ländern.

Weitere Informationen unter www.dialogmuseum.de.

Projekt agnes@work unterstützt berufstätige Menschen mit Seheinschränkung

„Wir wollen noch digitaler werden.“,
„Angesichts der Corona-Pandemie empfehlen wir Ihnen, ins Homeoffice zu gehen.“

Veränderungen am Arbeitsplatz sind für alle eine Herausforderung. Die Gefahr, dass Beschäftigte mit Blindheit oder Sehbehinderung dabei abgehängt werden, ist besonders groß. Sie kennen es vermutlich aus Ihrem Unternehmen: Durch agile Arbeitsmethoden lösen sich feste Teamstrukturen und Zuständigkeiten auf, immer häufiger wird neue Software eingeführt.

Beschäftigte mit Seheinschränkung können dadurch gravierend in der Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeit beeinträchtigt werden: Ehemals feste Ansprechpersonen gehen verloren, das neue digitale Dokumentenmanagementsystem ist nicht mehr mit einer Bildschirmvergrößerungssoftware kompatibel. Ständig wechselnde Einsatzorte überfordern die Mobilität eines blinden Kollegen.

Mitunter entwickeln sich Augenprobleme erst im Laufe der Berufstätigkeit. Aus Angst vor Arbeitsplatzverlust verschweigen die Betroffenen die Sehverschlechterung, aber die verminderte Leistungsfähigkeit, Unsicherheit, sozialer Rückzug und ein vermehrter Bedarf an personeller und technischer Unterstützung werden längst von Vorgesetzten und Kolleg*innen registriert.

Fragen der Arbeitsplatzsicherung und Potenzialentwicklung sehbehinderter und blinder Beschäftigter berühren unter anderem die Bereiche angepasste Hilfsmittel und Arbeitstechniken, Stärkung der Autonomie und Selbstwirksamkeit, Teamarbeit, bedarfsgerechte Weiterbildung, barrierefreie Informationstechnik und Umfeld-Gestaltung sowie die Etablierung inklusiver Strukturen im Unternehmen.

Bei all diesen Themen berät und unterstützt unser Projekt agnes@work vor Ort am Arbeitsplatz: Die Betroffenen, Sie als Schwerbehindertenvertretungen und alle übrigen betriebsinternen und externen Beteiligten – kostenfrei, deutschlandweit und firmenunabhängig. Dabei kooperieren wir selbstverständlich mit den gesetzlich zuständigen Leistungsträgern und Leistungserbringern.

Allen Ratsuchenden steht ein festes, bedarfsgerecht aus unserem bundesweiten Kompetenznetzwerk ausgewähltes Team benötigter Expert*innen zur Seite.

Bitte zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen, damit wir gemeinsam die berufliche Teilhabe der Beschäftigten mit Blindheit und Sehbehinderung auch in Ihrem Unternehmen verbessern können.

Beratung zu beruflicher Weiterbildung

Seit Januar 2022 bietet agnes@work ein telefonisches Beratungsangebot rund um die Themen berufliche Weiterbildung und Neuorientierung. Zunächst im begrenzten Umfang, ist das Beratungstelefon donnerstags von 10:00 bis 12:00 Uhr besetzt. Interessierte melden sich in dieser Zeit unter 06421 94888-33.

Darüber hinaus bieten folgende Anbieter Informationen rund um das Thema berufliche Weiterbildung für Menschen mit Behinderung:

Förderung der Weiterbildungsteilnahme

Bildungsprämie, Aufstiegs-BAföG, Bildungsurlaub, Stipendien – die finanziellen Fördermöglichkeiten für berufliche Weiterbildungen sind vielfältig.

Die agnes@work Weiterbildungsplattform bietet eine Übersicht über staatliche Fördermöglichkeiten, Leistungs- und Reha-Träger sowie Informationen zu Arbeitgeberbeteiligung, Bildungskrediten und steuerlicher Absetzbarkeit von Weiterbildungskosten.

Mentoringprogramm

agnes@work reaktiviert das Mentoringprogramm aus dem Vorgängerprojekt iBoB – inklusive berufliche Bildung ohne Barrieren. Mentoring ist die Beratung und Vermittlung von Wissen oder Kontakten durch eine berufserfahrene Person (Mentor*in) an eine weniger erfahrene (Mentee). Diese Form der Begleitung und des Wissenstransfers ist nicht nur ein bewährtes Personalentwicklungsinstrument in Unternehmen. Auch in der Selbsthilfe behinderter Menschen bewährt sich Mentoring seit Jahren.

Wenn Sie Interesse an einer Mitarbeit als Mentorin oder Mentor haben oder als Mentee teilnehmen möchten, schreiben Sie eine E-Mail an agnes@dvbs-online.de oder rufen Sie uns an unter 06421 94888-33.

Weiterführende Informationen zum Mentoring finden Sie auf unserer Weiterbildungsplattform.

Seminarangebote von agnes@work

Das agnes@work Seminarprogramm für das erste Halbjahr 2022 ist online. Es richtet sich an Unterstützungsakteure der beruflichen Teilhabe. Alle Angebote sind kostenfrei und werden Corona-bedingt digital durchgeführt. Weitere Informationen auf der agnes@work-Webseite im Bereich Seminare.

Quick Guide für barrierefreie Word-Dokumente

Damit die Barrierefreiheit im Arbeitsalltag nicht zu kurz kommt, startet agnes@work mit einer Serie von Quick Guides für barrierefreie Word-, PowerPoint- und PDF-Dokumenten. Die Guides erläutern kurz und kompakt die wesentlichen Einstellungen und Anpassungen. Den Auftakt macht ein Quick Guide für Word-Dokumente. Er ermöglicht eine schnelle Übersicht über die wichtigsten Anforderungen zur Erstellung eines barrierefreien Word-Dokuments und seiner Umwandlung in das PDF-Format.

Während der Projektlaufzeit sind die Quick Guides kostenfrei im Printformat erhältlich. Schreiben Sie einfach eine kurze Mail an agnes@dvbs-online.de.

Titelseite Quick Guide Word

agnes@work beim Open Government Tag München

Am 25. und 26. November 2021 fand der 9. Open Government Tag der Stadt München statt. Online trafen sich Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Behörden, der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik der bayerischen Landeshauptstadt, um über Digitalisierung und eine größere Transparenz der Verwaltung zu sprechen.

Eingeladen war auch agnes@work. Oliver Nadig und Herbert Rüb referierten im Rahmen des interaktiven „Markplatzes digitaler Möglichkeiten“ über digitale Barrierefreiheit und berufliche Weiterbildung für Beschäftigte mit Seheinschränkung.

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